Aufnahme- und Adoptionsverfahren
Gesetzliche Grundlagen
- Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (UN Kinderrechtskonvention); SR 0.107;
- Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vom 29. Mai 1993 (HAÜ); SR 0.211.221.311;
- Bundesgesetz zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz des Kindes bei internationalen Adoptionen vom 22. Juni 2001 (BG-HAÜ); SR 211.221.31;
- Verordnung über die Adoption vom 29. Juni 2011 (Adoptionsverordnung, AdoV); SR 211.221.36;
- Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987 (IPRG); SR 291, Abschnitt Adoption Art. 75 – 78;
- Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 (ZGB); SR 210, Abschnitt Adoption Art. 264 – 269c;
- Spezifische kantonale Erlasse.
Unterscheidung Aufnahmeverfahren und Adoptionsverfahren
Unter Adoption wird die Aufnahme eines Kindes durch geeignete Adoptiveltern verstanden und die Herstellung des Kindesverhältnisses zu den Adoptiveltern. Dabei wird zwischen dem Aufnahmeverfahren und dem eigentlichen Adoptionsverfahren unterschieden.
Das Aufnahmeverfahren umfasst die Eignungsabklärung der potenziellen Adoptiveltern, die Eignungsbescheinigung sowie die Bewilligung zur Aufnahme eines konkreten Adoptivkindes (Matching-Entscheid).
Mit dem Adoptionsverfahren wird rechtlich das Kindesverhältnis zwischen Adoptivkind und Adoptiveltern begründet. Das bisherige Kindesverhältnis erlischt. Sämtliche Rechtsbeziehungen zur Herkunftsfamilie des Kindes werden durch die Adoption aufgehoben. Die Adoptiveltern und die leiblichen Eltern können vereinbaren, dass den leiblichen Eltern ein Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr mit dem minderjährigen Kind eingeräumt wird (Art. 268e ZGB).
Während das Aufnahmeverfahren in jedem Fall bei der kantonalen Zentralbehörde Adoption des Wohnkantons der künftigen Adoptiveltern gestartet werden muss, kann das Adoptionsverfahren unter gewissen Voraussetzungen im Ausland vorgenommen und in der Schweiz anerkannt werden.
Für die Schweiz ist das Haager Adoptionsübereinkommen (HAÜ) am 1. Januar 2003 in Kraft getreten. Es regelt zwischen den Vertragsstaaten die internationale Aufnahme von Kindern zur Adoption. Die gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Herkunftsstaates sind im Aufnahmeverfahren zu berücksichtigen. Die Webseite der Zentralbehörde des Bundes informiert über das Haager Übereinkommen sowie dessen Mitgliedstaaten.
Schematische Darstellung internationaler und nationaler Adoptionsverfahren
Im Folgenden sind die internationalen und nationalen Aufnahmeverfahren/-prozedere gestützt auf das HAÜ sowie mit Staaten ohne Ratifizierung des HAÜ sowie das Zusammenspiel mit dem Adoptionsverfahren, gestützt auf die Bestimmungen im ZGB, schematisch dargestellt.
Schematische Darstellung internationaler und nationaler Aufnahmeverfahren
Eine in der Schweiz ausgesprochene Adoption hat zur Folge, dass das adoptierte Kind die Rechtsstellung eines „leiblichen“ Kindes der Adoptiveltern erhält und sämtliche rechtlichen Bindungen zu seinen leiblichen Eltern und deren Verwandtschaft erlöschen. Eine im Ausland ausgesprochene Adoption kann unter gewissen Voraussetzungen in der Schweiz anerkannt werden, jedoch immer nur mir der Wirkung, mit der sie im Ausland ausgesprochen wurde. Es kann daher sinnvoll, bzw. notwendig sein, zusätzlich zur im Ausland ausgesprochenen Adoption noch ein Adoptionsverfahren in der Schweiz zu vollziehen.
Die Zentralbehörden Adoption und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden überwachen und ordnen die für die Adoption nötigen Prozesse, bürgen für deren Qualität und sorgen dafür, dass sie sich innerhalb des rechtlichen Rahmens abspielen. Das Kindeswohl steht dabei immer an erster Stelle.
Mitwirkende am Aufnahme- und Adoptionsverfahren
- Mitwirkende bei der Aufnahme eines Kindes aus einem Haager Vertragsstaat.
- Mitwirkende bei der Aufnahme eines Kindes aus dem Ausland, das kein Haager Vertragsstaat ist oder dessen Adoptionsverfahren nicht die gleiche Wirkung erzielt, wie ein in der Schweiz erlassenes.
- Mitwirkende bei der Aufnahme eines Kindes, das in der Schweiz geboren wurde.
- Zentralbehörde Adoption im Wohnkanton (A, B, C): Ist zuständig für die Eignungsabklärungen der zukünftigen Adoptiveltern, entscheidet über das Matching zwischen Adoptiveltern und -kind und ist Bewilligungsbehörde bei der konkreten Aufnahme eines Kindes. Sie übt schliesslich die Aufsicht über das einjährige Pflegeverhältnis aus.
- Zentralbehörde Adoption des Bundes (A): Übermittlung des Elterndossiers in Haager Mitgliedstaaten, Erteilung der Zustimmung gestützt auf Art. 17 HAÜ sowie Erteilen des „Laissez Passer“ für die Einreise des Kindes aus dem Ausland, wenn im Herkunftsstaat eine Volladoption ausgesprochen wird.
- Vermittlungsstelle: Diese unterstützt bei der administrativen Abwicklung des Adoptionsverfahrens und vermittelt mögliche Kinder. Viele Vermittlungsstellen bieten auch nach der Aufnahme des Kindes noch Unterstützung an und/oder organisieren regelmässige Treffen für Adoptiveltern und deren Kinder. Liste der vom Bundesamt für Justiz anerkannten Vermittlungsstellen:
https://www.bj.admin.ch/dam/data/bj/gesellschaft/adoption/vermittlungsstellen.pdf
In der Schweiz wird die Zusammenarbeit mit einer anerkannten Vermittlungsstelle empfohlen, um möglichem Kinderhandel vorzubeugen, stellt jedoch keine Voraussetzung dar. Im Ausland kann die Zusammenarbeit mit einer anerkannten Vermittlungsstelle vorgeschrieben sein. - Zentralbehörde Adoption im Herkunftsstaat (A): Übermittlung des Kinderdossiers bei Haager Mitgliedstaaten an die Kantonale Zentralbehörde und Begleitung des Adoptionsprozesses im Herkunftsstaat.
- Migrationsbehörde am Wohnsitz (A, B): zuständig für die Erteilung der Ermächtigung zur Visumserteilung, wenn eine einfache Adoption ausgesprochen wird oder bei Nicht Haager Mitgliedstaaten.
- Schweizer Vertretung im Ausland (A, B): Erstellt das Visum im Auftrag der kantonalen Migrationsbehörde und legalisiert die Dokumente nach erfolgter Adoption im Herkunftsland für die Schweizer (Zentral)Behörden.
- Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde am Wohnsitz des Kindes (A, B, C):
Bei nationalen Adoptionen (C): Regelt und überwacht die Freigabe des Kindes zur Adoption (frühestens sechs Wochen nach der Geburt erklären die leiblichen Eltern die Zustimmung zur Adoption und innert sechs Wochen können sie diese widerrufen, Art. 265b ZGB). Sie ernennt die Vormundin/den Vormund für das zur Adoption freigegebene Kind. Sie erteilen die Zustimmung zur Adoption auf Antrag der Vormundin/des Vormunds. Sie genehmigen ggf. die Vereinbarung über den persönlichen Verkehr im Falle einer offenen Adoption und ändern diese ab, wenn es das Kindswohl gebietet.
Bei internationalen Adoptionen (A, B): Errichten einer Vormundschaft (B) oder Beistandschaft (A) gestützt auf Art. 17 bzw. 18 BG-HAÜ und im Falle eines Adoptionsverfahrens (B) Erteilung der Zustimmung zur Adoption auf Antrag der Vormundin/des Vormunds. - Vormundin/Vormund (B, C): Sie oder er wird zur gesetzlichen Vertretung des Kindes eingesetzt und sucht bei in der Schweiz geborenen Kindern eine geeignete Adoptivfamilie für das Kind.
- Beiständen/Beistand (A): Sie oder er wird mit einer begleitenden Beistandschaft beauftragt, um die «junge» Adoptionsfamilie in den ersten 18 Monaten zu unterstützen.
- Adoptionsbehörde am Wohnsitz der Adoptiveltern (B, C): Spricht die Adoption nach Schweizer Recht aus.
- Kantonale Aufsichtsbehörde über Zivilstandsämter (A): Anerkennt die im Ausland ausgesprochene Adoption nach HAÜ oder IPRG und beauftragen die Zivilstandsämter zur Beurkundung im Personenstandsregister.
- Diverse Behörden und Institutionen im Ausland (A, B): (Familien-) Gerichte, Anwaltspersonen, Repräsentanten der Schweizer Vermittlungsstellen im Herkunftsland, Sozialdienste und Kindesschutzstellen, Kinderheime etc.
Die detaillierten Aufgaben der verschiedenen Akteure beim nationalen Aufnahme- und Adoptionserfahren finden Sie in folgenden Factsheets:
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